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Das südliche Afrika - eine Region zwischen Safari, Diamanten und Slums
Krisenherde der Erde
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China - die kommende Weltmacht
P-Seminare im Fach Geographie
Tourismus im südlichen Oberallgäu - Erstellung von Wanderkarten mit EInkehr- und Besichtigungsmöglichkeiten
Auswahl weiterer Aktivitäten
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Exkursionen, z. B. zu einem landwirtschaftlichen Betrieb (5. Jgst.) oder zu einem Wasserkraftwerk in der Umgebung (7. Jgst./Q11)
Artikel der Fachschaft Geographie aus dem Jahresbericht
„Wenn wir so weitermachen, sterben wir als Spezies aus“ – diese ziemlich direkte und unverblümte Prophezeiung äußerte der italienische Neurobiologe Stefano Mancuso in einem Interview, das am 11. April 2020 in der Allgäuer Zeitung erschienen ist. Der Wissenschaftler geißelt darin die menschliche Zivilisation, die es in kurzer Zeit geschafft habe, „den Planeten in den erbärmlichen Zustand zu bringen, in dem er sich jetzt befindet.“ Die Zerstörung der natürlichen Lebensräume für Wildtiere habe z. B. dazu geführt, dass Viren leichter auf Menschen überspringen können, was nicht erst seit der Corona-Pandemie zu einem gewaltigen Problem geworden ist.
Was Mancuso als „katastrophalen Fingerabdruck“ beschreibt, den die Menschheit auf der Erde hinterlässt, wird an anderer Stelle mit dem neutraleren Begriff „Anthropozän“ bezeichnet. Damit soll ausgedrückt werden, dass die Menschen mittlerweile einen so großen Einfluss auf geologische, atmosphärische und biologische Prozesse haben, dass es gerechtfertigt ist, ein neues Erdzeitalter nach ihnen zu benennen. Folgt man Mancusos Gedanken weiter, stößt man auf eine andere These, die provoziert: Das menschliche Gehirn, seine Intelligenz, sei aus evolutionärer Sicht derzeit kein Vorteil, sondern ein Nachteil für unsere Spezies, denn trotz seiner vermeintlichen Überlegenheit sei der Mensch „eine der am wenigsten überlebensfähigsten Arten, die es je auf der Erde gab.“
Dies würde bedeuten, dass Pflanzen, die bekanntlich in den Naturwissenschaften nicht sonderlich bewandert sind und keine Fremdsprachen sprechen, trotzdem aus evolutionärer Sicht wesentlich „intelligenter“ sind als der sich im Schulhaus bildende Homo sapiens: Dieser steuert zielsicher seinem Untergang entgegen, während die Vegetation seine nur kurz andauernde Präsenz auf natürliche Weise „überlebt“.
Selbstverständlich löst eine fundamental-pessimistische Sicht, wie diejenige Mancusos, ein geteiltes Echo aus. Dass die Mensch-Umwelt-Beziehungen allerdings grundlegend überdacht werden sollten, dürfte im Allgemeinen auf Konsens stoßen. Andrea Wulf hat in ihrer glänzend geschriebenen Biographie „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ das Leben des deutschen Naturforschers nachgezeichnet, der v. a. in Lateinamerika immer noch einen hohen Bekanntheitsgrad genießt. Besondere Beachtung verdient seine ganzheitliche Betrachtung des Lebens auf der Erde: „Alle Wesen, vom unscheinbaren Moos bis zu den gewaltigen Eichen, vom Insekt bis zum Elefanten, haben laut Humboldt ihre Aufgabe, und zusammen ergeben sie das Ganze. Die Menschheit sei nur ein kleiner Teil.“ Vor der Aufspaltung der Wissenschaften in immer kleinere Segmente und der damit verbundenen zergliederten Wahrnehmung der Welt offenbart sich hier eine umfassende Sicht auf die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen-, Tier- und Mineralreich sowie der menschlichen Sphäre.
Zumindest einen Teil davon konnte die Geographie bewahren, was auch im Lehrplan plus für das bayerische Gymnasium zum Ausdruck gebracht wird. Die „Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt im Raum“ stehen im Kompetenzstrukturmodell, das dem Fachlehrplan vorangestellt ist, an zentraler Stelle. Die Formulierung drückt aus, dass die „Umwelt“ hier als Gegenspieler oder Partner des Menschen angesehen wird – und nicht als bloßes Objekt, dem er seinen Stempel aufdrückt. Wie sehr der Mensch andererseits in seinem Verhalten von Umwelteinflüssen bestimmt wird, hat dieses Schuljahr eindrucksvoll gezeigt.
Am 24. Dezember 1968 umkreisten drei amerikanische Astronauten in ihrem Raumschiff den Mond. Ihre Mission war es eigentlich, den Erdtrabanten zu erforschen, doch irgendwann rückte die Erde selbst in den Fokus der Kamera. Ein Foto, das eigentlich nicht beabsichtigt war, wurde zu einem der bekanntesten Bilder der Menschheitsgeschichte: Earthrise. Die Aufnahme hatte großen Einfluss auf die sich entwickelnde Umweltbewegung: Die Erde erschien als kleines zerbrechliches „Raumschiff“ im grenzenlosen und lebensfeindlichen Weltall. Alle Länder und Besitztümer, die Menschen je ihr Eigen nannten, konnten hinter dem Daumen des Astronauten zum Verschwinden gebracht werden – wahrscheinlich ein probates Mittel zur Heilung von Größenwahn!
Ausgehend von diesem Bild zeigt die Politikökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin Maja Göpel in ihrem Buch „Unsere Welt neu denken“ verschiedene Wege aus der Umweltkrise auf. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Sichtweise auch in Vorträgen und Seminaren zu vermitteln. Interessant ist eine Beobachtung, die sie mit dem Begriff „fieser Montag“ bezeichnet: „Der fiese Montag war für uns der Ausdruck für das Phänomen, das jeder und jede von Ihnen kennt, wenn Sie mit frischem Schwung von einer Veranstaltung oder einem Vortrag kommen, inspiriert und den Kopf voller Ideen, was Sie ab jetzt neu und anders machen können. Und dann finden Sie sich in derselben Organisation mit denselben Zielen, Abläufen, Gesprächen und Konferenzen wieder, und alles ist wie immer.“
Wenn also im bereits angesprochenen Kompetenzstrukturmodell für das Fach Geographie die Kompetenzen „kommunizieren“, „beurteilen und bewerten“ sowie „raumgerecht handeln“ enthalten sind, beschränken sich diese dann auf den Unterricht oder müssen daraus nicht auch praktische Konsequenzen für die Gesellschaft oder auch für Organisationen (z. B. Schulen) erwachsen?
Dazu ist eine kritische Bestandsaufnahme notwendig, wofür die Wissenschaft bereits Vorleistungen erbracht hat: Der Soziologe und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa bezeichnet es z. B. als ein Kennzeichen moderner Gesellschaften, dass sie sich nur noch dynamisch zu stabilisieren vermögen, also auf Wachstum, Beschleunigung und Innovationsverdichtung angewiesen sind um sich zu erhalten. Wer hier Ähnlichkeiten mit einigen Entwicklungen der letzten Jahre sieht, liegt wohl nicht ganz falsch.
Wie bringt man es nun aber unter einen Hut, einerseits die Welt „neu zu denken“, andererseits sich aber nicht in einem Wust von Innovationen und Reformen zu verzetteln?
Vielleicht sollte man dazu eine Standortbestimmung vornehmen und sich im Sinne Alexander von Humboldts als Teil eines größeren Ganzen definieren, dessen Aufgabe es ist, im Einklang mit seiner Umwelt zu leben, mit anderen Worten: einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen anzustreben und den eigenen Egoismus in die Schranken zu weisen. Wahrlich nicht das unwichtigste Lernziel – und die Geographie kann ihren wesentlichen Beitrag dazu leisten!
Noch ein paar Worte zur Situation des Faches am Gymnasium Oberstdorf: Zum Ende des letzten Schuljahres musste die Fachschaft Geographie StRin Anna Trini und StRef Matthias Moll verabschieden, die an andere Schulen wechselten. Beiden sei ein herzliches Dankeschön für ihr engagiertes Wirken ausgesprochen! Mit StR Michael Metzger wurde die Fachschaft zu Beginn des Schuljahres um ein junges und tatkräftiges Mitglied verstärkt. Wie StRin Anna Trini unterrichtet er die Fächer Geographie und Chemie, so dass willkommene Bezüge zu den Naturwissenschaften geknüpft werden können. Herzlich willkommen in der Fachschaft!
Rainer Stiegeler (Fachschaftsleiter)